Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama, Berlin
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Geschichte des Antisemitismus herzuleiten: Thomas Kaufmann hat in seiner Monographie „Luthers Juden“ einen Bogen von Luthers absoluter Judenfeindschaft zu Hitlers exterminatorischen Antisemitismus gespannt, denn er meinte, dass der Reformator Züge des späteren rassischen Antisemitismus in seiner sehr verfestigten Judenfeindschaft vorweggenommen hätte. Andere sehen den Berliner Antisemitismusstreit und die Hasstiraden des Hofpredigers Stöcker Ende des 19. Jahrhunderts als den Ursprung des modernen Antisemitismus. Tatsächlich ist es erst 100 Jahre her, dass Antisemitismus und politische Systemverweigerung untrennbar miteinander verbunden sind. Feinde der Weimarer Republik waren Antisemiten – und Antisemiten in der Weimarer Replik waren totale Systemverweigerer. So auch in der Bundesrepublik: Militante Antisemiten haben die freiheitlich demokratische Grundordnung genauso in Frage gestellt, wie sie jüdisches Leben hierzulande bekämpft haben. In diesem Vortrag geht Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama der Frage nach, wie sich der Antisemitismus der letzten 100 Jahre von den jahrhundertealten antijüdischen Stereotypten unterscheidet.
Andreas Nachama ist im Ruhestand befindlicher langjähriger Direktor der Stiftung Topographie des Terrors und Gründungsdekan des Institute of Holocaust Studies am Touro College Berlin sowie Vorsitzender der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschlands. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zu Themen deutsch-jüdischer Geschichte und Theologie sowie zeitgeschichtlicher Studien. Seine neueste Publikation über die Zeit des Nationalsozialismus, „12 Jahre 3 Monate 8 Tage“, behandelt in 13 Zeitabschnitten die Zeit des Dritten Reichs.
Datum: 7. April 2022
Zeit: 19.00 Uhr
Ort;
Jüdische Gemeinde Herford-Detmold
Komturstr. 21
32052 Herford
Kooperationspartner: Jüdische Gemeinde Herford-Detmold